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Balten entwickeln digital Ideen für Europas Zukunft


Neu aufgestellt hat sich das Deutsch-Baltische Jugendwerk in Zeiten der Pandemie. Rund 200 Teilnehmer diskutierten bei den ersten drei von vier Konferenzen hauptsächlich über europäische Solidarität. Diese DBKDigital 20 ersetzt dank der Unterstützung Freiwilliger eine in Tallinn geplante Präsenzkonferenz. An der ersten Konferenz in Riga hatten 2019 mehr als 170 Menschen aus elf Nationen teilgenommen. Die dritte Konferenz wird wie geplant vom 16. – 18.Oktober in Vilnius stattfinden. Dort ist die Teilnahme an den Workshops den 16- bis 30-Jährigen vorbehalten. Informationen unter www.dbjw.de.

Die Welt steht im Zeichen der Covid-19-Krise. Sie steht aber nicht still. Die Krise hat zu einem unerwarteten Digitalisierungsschub geführt. Unterricht online zu Hause und Home Office sind für viele die neue Realität, doch verschärft sie auch die Frage gesellschaftlicher Teilhabe. Führen wir in Europa noch einen gemeinsamen Diskurs? Wie können wir einen gemeinsamen Europäischen Diskurs und so gesellschaftlichen Zusammenhalt schaffen? Und wie können wir sicherstellen, dass alle gleiche Zugangschancen haben.

Die Verlegung der Konferenzen ins Digitale sehen die Verantwortlichen als Chance, können doch noch mehr junge Menschen ihre Ideen einer europäischen Zukunft diskutieren. Die Motivation im Organisationsteam ist groß, gerade jetzt den europäischen Gedanken zu stärken und in den politischen Diskurs einzubringen, zumal aus der Perspektive der 16- bis 30-jährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland und den baltischen Ländern. Rund 60 haben jeweils an den ersten beiden Events der DBKDigital 20 teilgenommen, was deutlich macht, dass die Innovation angenommen wird. Jedes Event besteht aus einem Keynote-Vortrag, der live gestreamt wird. In eigens dafür eingerichteten Foren besteht auch nach dem Event eine hohe Diskussionsfreude. Verantwortung zur Solidarität war dabei die „Grundmelodie“ in den Clustern A (Gegenseitigkeit) und B (Teilhabe).

Am 3. Juni startete die Reihe mit dem Cluster A. Referent war Carsten Brzeski, verantwortlich für die Eurozone und globaler Leiter Makroökonomie beim Marktforscher ING Research. Für das Cluster B wirkte Dr. Ivars Iljabs als Ideengeber. Der Politikwissenschaftler sitzt als lettischer Abgeordneter im Europaparlament und ist dem Jugendwerk eng verbunden. Iljabs ist ein glühender Verfechter der europäischen Idee und fordert, dass gerade bekannte Persönlichkeiten den europäischen Gedanken weiter vorantreiben. Er machte deutlich, dass wir aktuell ein Defizit an europäischer Gemeinsamkeit sehen, etwa durch die nationalstaatlichen Gesundheitssysteme. Es gebe nach wie vor 27 unterschiedliche Gesundheitssysteme, was sich in der Pandemie fatal auswirke. Die Balten seien offen für jede Art von Vorschlägen, mehr zu koordinieren und, etwa in Forschung und Innovation, neue Wege zu gehen. Wir Europäer sollten zunächst unsere Solidarität im Auge behalten, da andernfalls Rechtspopulisten und Euroskeptiker von der Situation profitierten. Regelverletzungen gebe es auch innerhalb der Europäischen Union, wie die Beispiele von Polen und Ungarn zeigten.

Aus Sicht der Konferenzleitung hat es sich bewährt, dass die Büros des Jugendwerks in den drei baltischen Hauptstädten ihre Sichtweisen einbringen und sich besonders in den Foren engagieren. Für eine friedliche Zukunft in Europa komme der Vernetzung junger Europäerinnen und Europäer zentrale Bedeutung zu. Dafür schafften diese Konferenzen Plattformen. Was aber ist ein „europäischer“ Lösungsansatz? Man wolle nicht nach Kompromissen zwischen nationalen Ansätzen suchen, sondern nach Lösungsansätzen auf den Schultern der Aufklärung. Man suche nach Ansätzen, die zu den Vorstellungen von Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten passen. Diese würden sich möglicherweise unterscheiden von kollektivistischen Ansätzen, die auf Konfuzius zurückgehen, und von extrem individualistischen, wie sie einer Ayn Rand gefallen hätten. Man sei zuversichtlich, dass sich viele neue Vorschläge ergeben werden.

Florian Hartleb

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